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Scottish Terrier

Tele-Junkie

Seit Erfindung des Fernsehers hat sich die Menschheit in punkto Unterhaltungsindustrie mit rasender Geschwindigkeit weiter entwickelt. Gab es in meiner Kindheit nur die obligatorischen drei Programme, die uns in schwarz-weiß präsentiert wurden, so hat man heutzutage ein nahezu unüberschaubares Angebot an Sendern, bei denen jeder normal Sterbliche leicht den Überblick verliert. Ich beobachte immer öfter, dass viele Menschen immer mehr Stunden vor dem Fernsehgerät verbringen. Selbst bei meiner Oma, eigentlich eine sehr kommunikative und kreative Frau, war das in ihren letzten Lebensjahren der Fall. Stundenlang auf den Bildschirm fixiert, vergaß sie alles um sich herum, bis ein anderes Familienmitglied ihr aus purer Gemeinheit die Sicherung herausdrehte – was die arme alte Dame in Panik versetzte, sie aber gleichzeitig daran erinnerte, dass es auch noch andere Dinge gab.

Selbst bei den Hunden in unserer Familie konnte ich über vier Jahrzehnte eine Veränderung feststellen. Hatte unser erster Hund, ein Kurzhaardackel, noch absolut gar nichts mit der Glotze am Hut, begann bereits vor zwanzig Jahren die Hunde-Fernsehkultur in unserem Hause einzuziehen.

Unser zweiter eigener Hund, ein West Highland White Terrier, zelebrierte die mediale Unterhaltung mit Hochgenuss. Vor allem Tiersendungen oder Werbespots mit Tieren hatten es ihm angetan. Dabei spielte es überhaupt keine Rolle, welche Tiere da über den Bildschirm flanierten. Ich weiß nicht wie, aber er konnte sogar Kamele, Fische oder andere exotische Viecher als solche erkennen, wenn diese über den Bildschirm flimmerten. Und das, obwohl er sie nie in der Realität gesehen hatte. Eine Tortur für unser Trommelfell, denn der Jagdtrieb unseres Hundes auf diverse Spezies brach in Sekundenschnelle aus, bevor der direkte Angriff auf das TV-Gerät mit lautem Gebrüll erfolgte.
Sicher können Sie sich vorstellen, wie enervierend es sein kann, nichts mehr zu verstehen und in ständiger Angst leben zu müssen, dass der Hund den Fernseher von seinem Sockel wirft. Also blieb uns nichts anderes übrig, als den Westie mit einem energischen „Raus“ des Wohnzimmers zu verweisen, wenn er es wieder einmal übertrieben hatte. Am Ende genügte nur eine dementsprechende Handbewegung Richtung Tür, um die Nervensäge zeitweise zu evakuieren – er trollte sich beleidigt davon, nahm dabei natürlich den weitesten Weg, blickte noch einmal wehmütig zum Fernseher – und war kurz danach wieder da, um auf seinen Einsatz zu warten. Am allerliebsten aber hatte er Werbung mit Westie, zum Beispiel von Cesar oder Hohes C. Da brauchte nur die Musik zu ertönen, um ihn aus seinem Tiefschlaf zu erwecken oder ihn aus der hintersten Ecke der Wohnung zu locken. Den Rest kennen Sie: Rennen, brüllen, Attacke – der Eindringling auf der Mattscheibe war einfach zu viel für die empfindliche Hundeseele.

Seit nunmehr zwanzig Jahren haben wir nun Scottish Terrier, bisher alle brav und nur sehr mäßig an TV-Programmen interessiert. Ein Hund im Fernsehen, der bellte – wen interessierte das schon, der war ja nicht echt. Seit ca. zwei Jahren haben wir nun Samurai, unseren japanischen Importrüden. Ja, Sie haben richtig gelesen: Made in Japan. Und wie jeder moderne Japaner ist auch dieser sehr an Technik interessiert.




Aufgefallen ist uns das bei der letzten Fußball-Europameisterschaft. Eigentlich sind wir nicht wirklich an diesem Sport interessiert, aber wenn Deutschland spielt, lassen wir es schon mal mitlaufen. Der damals noch kleine Samurai setzte sich vor den Fernseher und war völlig fasziniert vom Geschehen. Er folgte dem Ball mit dem Köpfchen, folgte Pässen, Torschüssen und Ecken genau. Flog der Ball aus dem Bild, sprang er auf und schaute hinter den Fernseher. Für uns war es das pure Vergnügen, dem Hund zuzusehen. Das Spiel war Nebensache.
Wir beschlossen, Samurai ein wenig Vergnügen zu bereiten, und stellten nun regelmäßig den Fernseher an, wenn Fußball kam. Egal, ob England, Frankreich, Deutschland oder Schweden: Samurai kämpfte mit! Sobald er die typischen Geräusche aus dem Stadion hörte, kam er angesaust und setzte sich in die erste Reihe, sprich direkt vor die Glotze. Welch ein Spaß auch für uns! Ich glaube, wir haben noch nie zuvor soviel Fußball gesehen wie bei jener EM. Später weitete sich das Fernsehinteresse unseres Samurai auch auf andere Sendungen aus. Er fieberte mit der „Titanic“, kämpfte mit dem „Gladiator“ und folgte den „Borgia“ durch 12 Folgen mit großer Aufmerksamkeit.
Aber besonders liebt er Bond – James Bond. Er sitzt dann von der ersten bis zur letzten Minute vor dem Fernseher, das Geschehen fest im Blick. Kommt es zu einer besonderen Action-Szene oder einer bedrohlichen Handlung, steigert sich sein Verhalten von leisem Knurren zu den schon vom Westie bekannten Attacken. Natürlich kann er die Handlung nicht verstehen, aber er verfolgt genau, was passiert. So einen Hund haben wir vorher noch nie gehabt. Unlängst hatten wir einen Anruf von einer Frau, die einen Welpen von Samurai gekauft hat: Er guckt Fernsehen. Und zwar nicht nur Tiersendungen…

(Autor ist dem KfT bekannt. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an die Geschäftsstelle des KfT)
veröffentlicht am: 21.04.2014